Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
liebe Traunsteinerinnen und Traunsteiner,
zu Beginn der Rede lohnt ein kurzer Blick auf die nackten Zahlen: Es ist richtig, dass wir Investitionen aktuell nur mit Schulden finanzieren können. Das liegt jedoch nicht an der CORONA-Krise. Wir sind als Stadt bis jetzt vergleichsweise gut durch die Krise gekommen.
Das Problem ist leider substanziell. Unsere Ausgaben sind sicher an der ein oder anderen Stelle zu hoch, das mag richtig sein. Das Problem liegt aber unseren zu geringen Einnahmen. Darauf kommen wir später zurück. Hinzu kommen noch erhebliche Schulden aus der Vergangenheit. Insbesondere Großprojekte haben hier erheblich beigetragen.
Wir dürfen jetzt nicht in Panik verfallen und generell alle Ausgaben und Investitionen herunterfahren. Nein, wir müssen vielmehr endlich anfangen uns von einer Politik zu verabschieden, die immer nur punktuell und aus der Not heraus handelt. Wir müssen langfristige Konzepte, Pläne und Ziele erarbeiten, die wir dann als Politik bei unseren Entscheidungen als Grundlage heranziehen. Den Anfang dazu haben wir im September auf der Stadtratsklausur gemacht. Lasst uns hier weiterarbeiten!
Insbesondere bei den Investitionen dürfen wir jetzt keine Kürzungen vornehmen. Das hätte nur den Effekt, dass wir Probleme vergrößern und einen Investitionsstau hervorrufen.
Jetzt klug zu investieren wird sich in der Zukunft auszahlen.
Oft angesprochen und nur selten beherzigt: In den schlechten Zeiten müssen Investitionen getätigt werden - sie legen den Grundstein für eine bessere Zukunft!
Ein Blick auf die Ausgaben und Investitionen:
Traunstein ist eine sehr soziale Stadt. Das ist gut! Und das soll auch so bleiben!
Familien, Freizeit sowie Kunst und Kultur haben in Traunstein einen sehr hohen Stellenwert. Natürlich kostet das auch sehr viel Geld.
Die Zuschüsse zur Kostendeckung für Pflichtaufgaben wie Kinderbetreuung (ca. 3,7 Mio. €), aber auch für die freiwilligen Leistungen wie Schwimmbad (850 T€) Musikschule (400 T€) oder Kulturzentrum & Bücherei 400 T€) sind hoch. Aber wollen wir oder müssen wir uns hier einschränken? Wir sagen hierzu klar nein. Wir dürfen nicht das kaputt sparen, was Traunstein liebens- und lebenswert macht. Wenngleich wir natürlich darüber nachdenken müssen, wo man die Prozesse noch effektiver gestalten können.
Das spiegelt sich auch in den geplanten Investitionen für das Jahr 2021 wider.
So sind der Zuschuss für den Neubau des Kindergartens St. Michael mit 2,5 Mio. € und die Renovierung des Schulhauses Kammer mit aktuell geplanten 2,1 Mio. € die größten Einzelposten im Haushalt.
Es ist aus unserer Sicht unerlässlich hier eben genau NICHT zu sparen und diese wichtigen Aufgaben jetzt anzugehen. Über die breite Einigkeit im Gremium sind wir hier sehr froh.
Wir investieren hier in unsere Zukunft und die Zukunft unserer Kinder!
In der Höhe wesentlich geringer aber auch unerlässlich sind die Entwicklung der städtebaulichen Konzepte:
Nach der Corona Krise wird sich die Situation in unserer Innenstadt leider verschärfen. Eine geplante Studie zur Entwicklung der Innenstadt ist daher der absolut richtige Weg. Hier hätten wir uns durchaus einen höheren Betrag gewünscht, was jedoch keine Mehrheit fand.
Außerdem ist es nur richtig, dass wir endlich das Themen Jugendzentrum, Klimaschutzkonzept und Breitbandversorgung angehen.
Das Thema Wohnen ist eine zentrale gesellschaftliche Herausforderung. Hier müssen wir als Kommune diese soziale Schlüsselaufgabe intensiv wahrnehmen.
Einen wesentlichen Schritt zur Bewältigung dieser Aufgabe sehen wir in der Gründung unserer eigenen Wohnungsbaugesellschaft.
Hier haben wir glücklicherweise mit über 300 Wohnungen und einer Wohnfläche von rund 20T Quadratmetern einen guten Bestand. Um dieses Angebot weiter ausbauen zu können und weiter bezahlbaren Wohnraum schaffen zu können, Förderprogramme effektiv nutzen zu können und langfristig diese sozialpolitische Aufgabe bewältigen zu können, ist hier eine intensive Zusammenarbeit über alle Fraktionen unerlässlich. Wir möchten insbesondere den Traunsteiner Familien aber auch allen anderen Bürgern hier ein möglichst breites und bezahlbares Angebot bieten können. Dabei müssen wir auf allen Segmenten (vom sozialen Geschosswohnungsbau, über Mehrgenerationenmodelle bis hin zum Einfamilienhaus) tätig werden.
Hier müssen wir klug und sparsam mit den knappen Flächen umgehen. Dabei müssen wir aber auch aufpassen, dass die Lebensqualität erhalten bleibt. Nachverdichtung ist hier auch ein probates Mittel. Wir verfolgen hier aber immer einen verträglichen Ansatz!
Kommen wir zu den Einnahmen:
Einkommenssteuer:
Die Einnahmen durch die Einkommensteuer sind mit 13,2 Mio. € der größte Posten. Diese sind auch stabile Einnahmen. Jedoch können wir hier diese nur über ein Wachstum der Bevölkerung steigern, was jedoch wieder Ausgaben nach sich zieht. Wir stehen daher für ein organisches und moderates Wachstum von Traunstein.
Sorgen bereiten – und da ist auch der große Schwachpunkt Traunsteins – die zu geringen Gewerbesteuereinnahmen. Sie liegen mit 12 Mio. € nur auf dem Wert von 2015.
Diese mögen zwar – und das sogar in der Krise – stabil sein, aber das ist für Traunstein viel zu wenig. Das ist vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Entwicklung in der Region desaströs.
Mit einer aktuellen Zuführung für Investitionen (nach Abzug von Zins und Tilgung) von 600T€ werden wir nicht weit kommen.
Wenn wir unsere Leistungen aufrechterhalten und eine Überschuldung vermeiden möchten bleibt hier nur der Weg der Einnahmensteigerung.
Die richtigen Weichen wurden in den vergangenen Jahren nicht gestellt. Im Gegenteil: es sind viele Traunsteiner Betriebe teilweise oder auch ganz abgewandert. Das gilt es in Zukunft zu verhindern.
Deshalb fordern wir ein klares Bekenntnis und Unterstützung der Traunsteiner Wirtschaft. Diese braucht Verlässlichkeit und eine Perspektive.
Eine Erweiterung des „Gewerbegebiet Nord“ ist unumgänglich. Dabei gibt es eine klare Begrenzung der Erweiterung. Wo wir in die Natur eingreifen müssen, gilt es Ausgleich zu schaffen – und das auch über gesetzliche Vorgaben hinaus.
Das Stückwerk der Vergangenheit hatte zur Konsequenz, dass wir an jeder Ecke ein Gewerbegebiet haben. Der Flächenverbrauch war immens und die erwirkten Steuereinnahmen im Verhältnis äußerst überschaubar.
Mit der Erweiterung Nord bekommen wir ein großes zusammenhängendes und schlagkräftiges Gebiet. Die Flächen sind hier – und das ist der größte Vorteil – vollständig in städtischer Hand. Somit lässt sich die Vergabe an Flächen hier sehr gut steuern. Das ist eine echte Chance.
Die zweite große Chance ist der CAMPUS Chiemgau. Lassen Sie uns gemeinsam diese Gelegenheit angehen. Mit Hilfe des Campus können wir in vielen Bereichen profitieren:
Es lassen sich Fachkräfte halten und Betriebe (insbesondere digitale Unternehmen) anzusiedeln. Hierzu können auch Leerstände sehr gut nutzbar gemacht werden.
Wenn wir es schaffen, den Campus an das Stadtzentrum anzubinden, steigert sich automatisch die Attraktivität des Bahnhofsplatzes bis in die Innenstadt hinein.
Aber auch die Traunsteiner können direkt vom Campus profitieren. So sollten Einrichtungen wie der Park, die Mensa oder der Makerspace der Bevölkerung zugänglich gemacht werden. So steigt gleichzeitig die Akzeptanz und die Attraktivität.
Zusammenfassend
Traunstein ist eine lebenswerte und soziale Stadt. Um uns das auch in Zukunft leisten zu können, müssen wir definitiv an der Einnahmenseite - insbesondere der Gewerbesteuer – arbeiten. Lasst uns gemeinsam die Chancen ergreifen!
Die Initiative Traunstein e.V. wird dem Haushalt 2021 zustimmen.
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