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  • AutorenbildSusanne Deckert

Neue Wohnkonzepte in Traunstein? Online Diskussion Tiny House II

Die Initiative Traunstein e.V. lud am vergangenen Freitag zur Fortführung ihrer ersten Veranstaltung im Sommer zum Thema Kleinsthäuser– diesmal fand der Austausch online statt. Dass die Tiny-House-Idee schon lange kein Nischenthema mehr ist, zeigte die hohe Zahl an Teilnehmern.

Drei Referenten erläuterten in ihren Vorträgen die Fragen „Warum ein Tinyhouse?“, „Wie sieht die Gestaltung konkret aus?“, „Welche Schritte sind nötig, um in die Realisierung zu kommen?“, „Welche Nutzungen sind möglich?“.

Tassilo Heller aus Traunstein hat bereits seit Sommer mit vielen Stadträten und mit Oberbürgermeister Dr. Hümmer Gespräche geführt. Er beobachtet die Wohn- und Immobiliensituation in Traunstein kritisch. Er findet für sich und viele andere das „klassische“ Modell Eigenheim aus finanziellen und Nachhaltigkeitsgründen nicht mehr realistisch: „Die Preise sind extrem hoch. Eine Verschuldung über mehrere Hunderttausend Euro möchte ich nicht eingehen. Die klassische Bauparzelle ist für mich zum Beispiel gar nicht attraktiv. Ich möchte kleiner leben, deutlich unter 100 qm Wohnfläche, ohne Keller aber mit einem kleinen Garten. Ich weiß, dass viele Menschen das ähnlichsehen.“ Man könne mit diesen Kleinsthäusern auch elegante Lösungen zur Nachverdichtung finden. Für die Realisierung sei ein entsprechender Bebauungsplan erforderlich: mit kleineren Parzellen, flexibleren Reglungen zur Architektur und mit einem Gemeinschaftsparkplatz am Rande des Areals. Eine Tiny-House-Siedlung könne sich optimal in andere Ansiedlungsmodelle einpassen – als Ergänzung, um nicht zu sagen als Aufwertung. Die überregionale öffentliche Aufmerksamkeit sei Traunstein dann gewiss.

Johanna Nimmervoll lebt selbst seit zweieinhalb Jahren in einem Tiny-House in Traunstein (am Campus St. Michael). Sie hat in unserer Region Menschen befragt, wie sie in einem Kleinsthaus leben möchten. Sowohl Singles, als auch Paare aber auch Familien möchten in Kleinsthäusern wohnen. Hilfreich sei hier der modulare Aufbau, um die Häuser der jeweiligen Lebenssituation anzupassen. Nicht nur junge Menschen, sondern insbesondere Senioren wünschten sich nach der Familienphase im Einfamilienhaus diese Vereinfachung. Dadurch könnten auch wieder Einfamilienhäuser an junge Familien frei werden. Die meisten Befragten wünschten sich circa 50 qm Wohnfläche und insgesamt um die 200 qm Grund. Nimmervoll betonte: „Wichtig sei den Befragten eine nachbarschaftliche Gemeinschaft: mit gemeinsamer Nutzung von Räumen und Strukturen. Tiny-Häuser sind keine Modeerscheinung, sondern ein real abbildbarer Wunsch in der Bevölkerung.“

Für Tassilo Heller ist das Erbbaurecht eine optimale Form, um Tiny-Häuser zu realisieren: damit verhindere man die extreme Verschuldung von Privatpersonen. Außerdem sei dieses Modell für Investoren und Spekulanten unattraktiv. Dadurch könne man sichern, dass die Häuser tatsächlich als Erstwohnsitze von Menschen genutzt werden, die hier arbeiten und leben. Gerade deshalb sei die Erbpacht eine elegante Lösung für Privatleute ohne großen Kapitalstock. Ein Verlängerungsrecht für Nachkommen sei vertraglich festlegbar. Die Erschließungskosten könnten durch eine Einstiegspauschale auf die Pächter umgelegt werden. Gleichzeitig blieben die Grundstücke in der Hand von Kommune oder Kirche und sicherten dadurch laufende Einnahmen.

Einen ganz anderen Aspekt brachte Julia Jobst aus Rettenbach ein: die touristische Nutzung von Tiny-Häusern. Sie sei auf diese Idee gekommen, als sie selbst auf der Suche nach einer außergewöhnlichen Übernachtungsmöglichkeit war. Dadurch entspann sich die Idee, die touristische Nutzung in der Abschlussarbeit ihres Betriebswirtschaftsstudiums umzusetzen. Die ganze Familie Jobst begeisterte sich für das Thema, so dass sie zusammen in die Umsetzung gingen: gemeinsam bauten sich ihr eigenes Kleinsthaus auf einem Wagenanhänger. Die Expertise des Vaters als Schreinermeister hat da sicher viel geholfen. Zu sehen ist das Ergebnis auf Instagram unter „Schlupfwinkerl.tinyhouse“. Wichtig sei für die touristische Nutzung die Zielgruppe: viele Menschen würden gerne ihren Urlaub in Alleinlage in der Natur verbringen. Tiny-Häuser könnten autark betrieben werden mit intelligenten Lösungen zu Strom- und Wasserversorgung. Allerdings gebe es auch eine große Gruppe von Touristen, die einen Eindruck bekommen will, wie es sich in so einer Tinyhouse-Siedlung lebt. Diese Zielgruppe könne man mit innerstädtischen Angeboten ansprechen. Wichtig sei hier eine gute ÖPNV-Anbindung oder die Möglichkeit des Car-Sharings.

Aus dem Publikum stellte sich unter anderem die Frage des Flächenverbrauchs. Tassilo Heller erklärte, dieser sei höchstens gleich groß, wenn nicht geringer als in anderen Ansiedlungsmodellen, wenn man die Größe des Grundstücks in Relation zur darauf wohnenden Personenzahl setze.

Georg Osenstätter und Susanne Deckert bedankten sich im Namen der Initiative Traunstein e.V. für die interessanten und praxisnahen Vorträge der Referent*innen und bei den zahlreichen Teilnehmern. Das Thema Kleinsthäuser in Traunstein möchten die beiden Stadträte mit der Initiative Traunstein e.V. weiter voran zu treiben.

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